Wie quasi jedes Jahr waren wir Mitte November auf dem JoGu-Cup in Mainz. Er ist ein Turnier in allen drei Waffen.
Für Nichtfechter folgt eine kurze Erklärung: Im Sportfechten gibt es drei Waffen: Florett, Säbel und Degen. Florett und Degen sind Stoßwaffen, nur wenn die Spitze der Waffe ausreichend eingedrückt wird, kann getroffen werden. Im Säbel kann auch mit einem Hieb ein Treffer gesetzt werden.
Im Florett und Säbel (genau, einmal die Stoßwaffe, einmal die Hiebwaffe!) gibt es ein Treffervorrecht, weswegen bei gleichzeitigem Treffer der Punkt an den Fechter geht, der zuerst die letzte erfolgreiche Aktion vor dem Treffer gestartet hat. Bei den kleinen Bewegungen und hohen Geschwindigkeiten sind die Aktionen nicht immer klar zu sehen.
Im Degen hingegen gibt es kein Treffervorrecht: Wer seinen Gegner trifft, bekommt einen Punkt. Abgesehen hiervon unterscheiden sich die Waffen auch noch darin, wo ein Punkt erzielt werden kann. Im Degen darf vom kleinen Zeh bis zur Maske am ganzen Körper getroffen werden, im Säbel zeigen nur Treffen oberhalb der Hüfte an, jedoch nicht die Hände, im Florett hingegen gelten Treffer auf dem ganzen Körper, jedoch nur auf den Torso gesetzte geben einen Punkt. Man sieht, es ist kompliziert und deshalb haben sich verschiedene Gefechtgeschwindigkeiten und Eigenarten über die Zeit rausgebildet.
Beim JoGu-Cup konnte man sich am Samstag für Florett oder Säbel entscheiden, am Sonntag wurde Degen gefochten. Einige von uns haben zwei Waffen und deshalb an beiden Tagen gefochten, andere nur an einem der Tage. Gefochten wurde ohne Trennung der Geschlechter, also Herren, Damen und Andere gegen- bzw. miteinander und zwar zuerst in Gruppen („Vorrunde“) und dann Elimination („KO“). Die Gruppenphase entscheidet, wie man gesetzt wird, die Setzung entscheidet, gegen wen man wann im KO ficht. Eine Vorrunde mit vielen Siegen bedeutet einen hohen Platz auf der Setzliste und deshalb vermeintlich leichte Gegner zu Beginn des KO.
Bevor wir zum Fechten kamen, mussten wir Göttingen verlassen. Es hatten sich aufgrund der Bussituation drei Gruppen gebildet:
- Gruppe Zug: Einige sind mit dem Zug angereist.
- Gruppe privates Auto: Einige sind in einer Fahrgemeinschaft in einem privaten Auto angereist
- Gruppe verlotterter Firmenname-wird-hier-nicht-preisgegeben Mietbus.
Gruppe drei verdient nähere Betrachtung. Schon beim Abholen des Busses fällt ein ihn erfüllender Bier und Zigarettengeruch auf. Wir jedoch sind froh, dass wir diesen Bus bekommen und nicht den mit dem Kennzeichen Gö-?? ????, dessen (Zitat) „Bremsen nicht gehen“. Unsere Bremsen haben wir sicherheitshalber trotzdem getestet und sie funktionierten.
Der Geruch jedoch blieb. Es roch nach dem Ende einer wilden Party, bei der die Leute zum Rauchen irgendwann in der Küche geblieben sind und nicht mehr auf den Balkon wollten. Etwas nach Kassel haben wir bei einer Pause neben den Kippen auf dem Boden und im Aschenbecher auch noch eine (leere) Bierflasche und ein Bierglas gefunden. Die Decke des Busses kam uns halb entgegen (bei der Party wildes Klopfen gegen die Decke bei lauter Musik?), das linke mittlere Fenster war außenrum einmal zugetapt. Die Kupplung des Busses hielt. Ist das erwähnenswert? Es ist es, weil letztes Jahr die eines der Hochschulsportbusse gegen die Frankfurter Berge verlor, samt umstieg in einen ADAC Mietwagen etc..
Nach einer weitgehend ereignislosen Fahrt mit Richtgeschwindigkeit oder die jeweilige Begrenzung nur knapp überbietend (Dirk, wir fahren ganz achtsam!), kamen wir gegen Abend auf dem Gelände der Johannes-Gutenberg Universität Mainz an und freuten uns diverser Wiedersehen: Es waren bekannte Gesichter dabei, Fechter, Fechterinnen, die Organisatoren, die Pizzabude, an der wir unser Abendessen geholt hatten.
Wie gesagt, Samstag war Florett und später Säbel. Florett ist dafür bekannt, nicht zu funktionieren. Wenn ein Florett nicht funktioniert, zeigt der Melder durchgehend einen Treffer an einer nicht-gültigen Stelle an. Das heißt: Der Melder blockiert (man kann nicht weiter fechten), eine Lampe leuchtet weiß und es piepst. Laut. So auch bei unserem Material. Aber das hat uns 5 1/3 Musketiere (=16 Fechter) nicht aufgehalten. Nach ihrem Motto, einer für alle, alle für einen, wurde das funktionierende Material durch die Halle getauscht, die Floretts geschwisterlich geteilt und jeder durfte mal mit jedem Florett fechten. So hatten alle für die Dauer ihres Gefechts eine funktionierende Waffe.
Der Erfolg war durchwachsen: Neben einem grandiosen 6. Platz bei über 90 Fechtern (!) von Richard, dessen mentale und körperliche Erschöpfung ihren Tribut erst im Gefecht um den Einzug ins Halbfinale gefordert hatten, konnten wir noch einige unserer Fechter unter den besten 32 platzieren.
Im Säbel hatten wir es schwerer als sonst und leider ist keiner unter die besten 8. gekommen. Vielleicht waren wir zu sehr mit Florettfechten beschäftigt und konnten sie nicht genug anfeuern, pushen?
Sonntag wurde die verbleibende Waffe, Degen, gefochten. Alle, die wollten und unverletzt waren haben sich in das Meer von mehr als 120 Degenfechtern gestürzt, dabei eine Vorrunde mit 9 oder 10 Gefechten gefochten und sind dann weiter ins KO gezogen.
Das Turnier war sehr stark besetzt, deshalb sind besonders Alexander, der ohne Niederlage seine Vorrunde bestritten hat und unser junger Hüpfer John, der unter die besten 16 gekommen ist besonders hervorzuheben.
Die Rückfahrt war unspektakulär, wir haben in rauchigem Duft geschlafen, gegessen, gequatscht und geschwiegen. Und wir hatten Angst, dass uns die (Bus-) Decke auf den Kopf fällt.